Gundelrebe

Svenja schrieb am Karfreitag, 30.3.18 um 16 Uhr

Moin, Tine,
habe heute die erste Gundelrebe im Garten getroffen.  Hinten im großen Staudengarten macht sie sich an einer Stelle im lichten Schatten breit.  Du hast viel Erfahrung mit der Verwendung dieses zauberhaften kleinen Frühjahrskrautes, oder?
Schöne Ostertage wünscht
Svenja in der SONNE

Christiane am Ostersonntag, 1.4.18 10:15 Uhr

Gundulagaukela – wie dieses Wildkraut auch heißt. Ich nenne sie auch gerne Gundelrebe … also die weibliche Form. Gundelrebe sagt sich auch weicher… ich merke, wie mir der härtere Gundermann nicht so liegt.

Und ich danke Dir, dass Du mich wieder auf die Gundelrebe bringst, ich hatte sie gerade ein bisschen aus den Augen verloren… über den Winter. Obwohl sie ja eine Pflanze ist, die wintergrün ist. Das heißt, dass ich den ganzen Winter hindurch von ihren Blättchen ernten könnte. Aber wenn der erste Schnee fällt, hole ich spätestens mein Sprossen-Keime-Set aus dem Schrank und der Garten liegt im Winterschlaf. Obwohl – so ganz stimmt das auch nicht. Sobald die Erde offen ist, wühle ich schon mal den Topinambur-, Pastinak- oder auch Löwenzahnwurzeln hinterher.

Aber das ist eine andere Geschichte.

Die Gundelrebe, mit den Minzen verwandt, ist ein hocharomatisches, recht herbes Würz- und Teekraut, eines meiner Lieblingskräuter zu Pilzgerichten. Da ich Bitterstoffe mag, hole ich mir jetzt gleich mal zwei junge Triebe von draußen und setze mir einen Becher Tee an. Denn natürlich bin ich vorhin  sofort  in den Garten geflitzt, als ich Deine mail las und habe geschaut, ob sie bei mir auch schon am Sprießen ist. Ja, sie kommt und die Triebe sind mehr oder weniger rötlich gefärbt, wie es junge Triebe oft sind. Ich bat Thomas, sie zu fotografieren und er hielt die rötlicheTriebspitze der Pflanze doch glatt für eine Blüte!

„Nee, sie blühen blauviolett ! … und es dauert gar nicht mehr lange!“

…mhmmm, ich genieße gerade meinen Tee, das Gundelrebenaroma ist so köstlich! Man hat sie ja früher auch für die Bierbrauerei benutzt, statt Hopfen. Gut vorstellbar, finde ich. Und sie ist sowieso wohl eine der ältesten und auch mächtigsten Heilpflanzen, die in unseren Gärten wächst. Und sie wächst fast in allen Gärten, gerne humos, im Schatten unter Büschen und Hecken. Dort wo die jätende Hand nicht so gut hinkommt.

Auch ich habe ja schon Wundersames erlebt mit der Gundelrebe, als ich mein Buch „Gärtnerseelen“ schrieb.

Und dann habe ich vor Jahren Wolf-Dieter Storl, Ethnobotaniker und Uralt-Gärtnerseele, mit einer Gundelrebe um den Kopf geschlungen erlebt. „Zur Stärkung,“ meinte er. Bei einer Lesung in Eckernförde war das und hat mich nachhaltig beeindruckt.

Also ich könnte noch ein wenig von dieser Seite der Gundelrebe erzählen, wenn Du magst?

Mit herzlichen Grüßen vom warmen Ofen. Christiane.

Svenja - etwas später am Tag

Oh, ja, gerne, ich hab damit so gar keine Erfahrung….

Christiane - Ostermontag abend

Zur Gundelrebe gibt es viel zu erzählen, weil ich mit ihr beim Schreiben meines Buches „Gärtnerseelen“ wirklich Anrührendes erlebt habe. Und natürlich in diesem Zusammenhang viel über die Pflanze gelesen habe. Tolles Gewächs!

Vorab sei berichtet, dass ich im Laufe meines Lebens des öfteren erlebt habe, dass Pflanzen, auch Wildpflanzen, die mir meine Heilpraktikerin als Arznei verordnete, sich bereits in meinem Garten eingefunden hatten, dort wuchsen. Oder ich hantierte gerade beruflich mit der Pflanze herum. Wir scheinen die Pflanzen anzuziehen, die wir gerade brauchen. Inzwischen habe ich von diesem Phänomen öfter gehört. Zuerst denkst du natürlich an Zufall und redest lieber nicht darüber.

Als Ethnobotaniker spürt Wolf-Dieter Storl dem Gebrauch und Brauchtümern von Pflanzen  nach und weiß so viel zu erzählen.

So trug man zum Beispiel Gundelrebenkränze als magischen Schutz in der Walpurgisnacht und beim Mittsommerfest.  In der Milchwirtschaft  wurde sie unverzichtbar. Gundelrebenkränzlein gab man der Kuh zu fressen, wenn sie nicht recht  Milch gab und vor allem bei Euterentzündung war das Heilkraut

Gundelrebe in Blüte

angesagt. Im Frühling dann, wenn die Kühe auf die Weiden kamen, wurde die erste Milch durch ein Gundelrebenkränzchen gemolken, zum magischen Schutz. Das Milchgeschirr wurde damit ausgewaschen und auch die Imker benutzten es zum Reinigen der Beuten und vieles mehr.

Für uns Menschen… und nun kommen wir langsam zu meinen Erlebnissen … wirkt sie auch, Dank eben dieser entzündungshemmenden Eigenschaften.  Man benutzt sie bei Erkältungskrankheiten als Gurgelmittel, als Badezusatz  bei Gliederschmerzen, und vor allem als Tee  bei Blasenentzündungen; der ganze Harntrakt und die Nieren sprechen darauf an.

Aber Vorsicht, für Pferde soll sie giftig sein!

In meinem Buch mit dem Untertitel“-warum Dreck unter den Fingernägeln glücklich macht“ habe ich mit neun Gärten und ihren Eignern eine Gartensaison lang Kontakt gepflegt. Unter anderem haben die Menschen  vergleichbare kleine Aufgaben bekommen und so weiter…

Eine Bauernfamilie mit vier Kindern zwischen zwei und zehn Jahren sollte in ihrem Garten ein etwa zwanzig Quadratmeter großes Stück Land, nach Rodung einer großen Tanne, sich selbst überlassen und gucken, was so von selbst kommt – eben auch Unkraut – was nicht so leicht auszuhalten ist, gerade für Bauern.

Im Frühherbst nahmen wir das Beet dann unter die Lupe. Etwa 50 verschiedene Wildpflanzen und Staudenversamungen waren gewachsen. Gemeinsam sortierten wir und filterten einige Heilpflanzen heraus. Auffällig waren gleich mehrere Pflanzen, die in der Anwendung auf Blasen- und Nierenkrankheiten hinwiesen, fand ich zuhause heraus. Komisch, diese Familie strotzt doch vor Gesundheit, dachte ich noch so bei mir und fuhr mit meiner Botschaft wieder zu ihnen hin.

Volltreffer!

Kurz und knapp gesagt: Die ganze große Familie verzeichnete seit zwei Generationen immer wieder  Bettnässer unter ihren Mitgliedern. Und in dieser Familie war es der siebenjährige Sohn und gelegentlich auch seine jüngere Schwester, die fast jede Nacht ins Bett pieschten, die Mutter aufstehen mußte, Laken wechseln. Elendige Scham und Nerverei… welch ein Dilemma!

Es folgten spannende Tage und Wochen . Ich hatte Einfälle zum Gebrauch von Gundelreben-Zauber und sie machten alles mit. Es hat funktioniert. Alsbald war der Bann gebrochen. Erst kam es nur noch sporadisch vor, dass er einnässte, dann gar nicht mehr. Dann nach längerer Zeit noch mal wieder, woraufhin sie die Anwendung der Gundelrebe noch einmal wiederholt haben und dann war der Spuk vorbei.

Dagegen verblasst doch die Geschichte von „Jesus und den Zahnschmerzen“, wo Jesus dem Petrus Gundelrebe empfiehlt, ziemlich… soll aus dem Mittelalter stammen, die Geschichte, natürlich von Herrn Storl weitererzählt… findest Du nicht auch…

…und es wird Früüüühling…schon 8°C…und das am Abend!

Herzlich, Christiane

 

 

 

 

 

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert