Französische Impressionen nach Deutschland verpflanzt

Christiane schreibt am 31.Juli

Ist es ein Zufall, liebe Svenja, dass Ihr beide gerade von Impressionen sprecht, Sylvia Reckel aus Hannover und Du? Jedenfalls sagt es mir, dass es wichtig ist, dass wir uns davon beeindrucken lassen, was wir sehen, dass wir von anderen lernen. Egal, ob wir das Gesehene gleich umsetzten, oder ob es unbewußt wirkt. Ich habe meine Freundin Sylvia in Hannover besucht, ein Jahres – Highlight für mich!

Reisen bildet, sagt man… was sagst Du?

Sylvia war letztes Jahr in Paris und hat sich inspirieren lassen. Regelrecht begeistert war sie. Auch über die städtischen Gartenanlagen. Ich erinnere ein Telefonat aus der Zeit. Hier nun habe ich Sylvia gefragt, ob sie es mit ein paar Worten ausdrücken könne, was sie dort so erfasst hat: „Es ist die Leichtigkeit und Heiterkeit, die ich im letzten Jahr als Impressionen besonders aus ländlichen französischen Privatgärten mitgenommen habe. Kräuter, Blumen und Gemüse verweben sich dort oft frei von Reihenpflanzungen. Und zwar ganz locker ineinander. Es entstehen wie von selbst die anmutigsten Gartenbilder… „Sie geht rum, schnuppert hier und streicht dort sanft über die Pflanzen und murmelt noch: “ …etwas davon ist auch in meinem Gemüsegarten angekommen, den ich in diesem Frühjahr angelegt habe… “

Sylvia gärtelt,

Sylvia in ihrem Garten,

Sylvia und die Rosenkugel

Hier wird jedenfalls gegärtelt

Die Tochter einer Kundin fand, dass ihre Mutter gärteln würde. Die junge Studentin hatte das Wort im Duden entdeckt: „Gartenarbeit aus Liebhaberei verrichten.“ Volltreffer! Genau das ist es. Es trifft den Kern vom Potential des Gärtnerns. Auf diese Art gibt mir das Arbeiten im Garten Kraft. Sobald das Wort „müssen“ auftaucht, oder ich für mich keinen Sinn in meinem Tun erkennen kann, raubt es mir Kraft. Und ich habe nun gerade das Verb gärteln kennengelernt und bin ebenfalls sehr begeistert. Habe ich doch mit dem Schreiben von “ Gärtnerseelen“ ein ganzes Buch gebraucht, um dem Thema auf die Spur zu kommen. Hier ist nun das passende Wort dafür: Sylvia gärtelt.

Sylvias Gartenskulptur

 

Ist doch spannend, Svenja… oder? Wie findest Du das neue Wort? Und natürlich die französischen Impressionen ?

Herrgott… es sind 36,5°C… zu heiß, um zum Baden zu fahren. Kalt duschen…

… ganz herzlich, Tine

Svenja dazu am 1. August

Moin Tine,
mit dem Wort hast Du uns ja gestern Abend echt beschäftigt.  Rainer und ich haben die ganze Zeit darüber geredet und waren uns einig, das Wort ist es nicht für uns Norddeutsche!  Wir würden sagen „Loot dat man wassen, ….

nein, mit dem Wort kann ich gar nichts Gutes anfangen.  Das ist für mich so etwas wie „herumpütschern“, ein eher abwertendes Wort im Norddeutschen Sprachgebrauch.
Bitte, lass uns noch mal weiter nach treffenden Wörtern für das „leidenschaftlich im Garten sein“ suchen.  Vielleicht mögen sich ja unsere LeserInnen beteiligen und uns ihre Ideen dazu schreiben.

Inhaltlich ist das Thema aber topaktuell, wie ich finde und auch hier in der Gärtnerei grade erlebe.  Wir lassen ja viel mehr einfach wachsen, viel mehr als früher – und es ist spannend zu sehen, was sich versamt, was sich breit macht, was endlich mal darf und was dabei total untergeht.   Es ist nicht nur das Wort, sondern auch die Einstellung, die dahinter steht….

Heute zum Beispiel ein Tagpfauenauge getroffen, das ist vermutlich hier auch nur glücklich, weil ab und zu mal eine Brennnessel stehen bleiben durfte.  (Die Raupen mögen Brennnesseln sehr!).   Ein Quadratmeter Brennnesseln, okay, bei 20 Quadratmetern hab ich schon wieder Sorge und werde meine ordnende Gärtnerinnenhand anlegen….

Es geht auch ums Loslassen, glaube ich.   Um den Freiraum, den diese Art des Gärtnerns erfordert – oder sich nimmt…..  Was passiert, wenn die ordnende Hand still hält?  Es geht um die Angst, dass einem der Garten über den Kopf wächst….

Ich kann grad nicht so doll denken, es ist zu heiß, melde mich später…..

Liebe Grüße

Svenja

 

Tine meint am Nachmittag

Oh, ist ja toll, Svenja was da bei euch losgegangen ist!

Eigentlich sind es ja zwei Sachen, die ich da vermengt habe, sorry. Einfach zu viel Input… zuviel erlebt, was mich begeistert hat. Also einmal ist es die Art zu Gärtnern auf den Menschen bezogen, und einmal geht es mehr um das Ergebnis… um das Aussehen des Gartens. Es ist eine innere und eine äußere Betrachtung. Und Thomas hat den Duden – Auszug bei der Kundin extra für mich fotografiert… s.o.

Gärteln = Gartenarbeit aus Liebhaberei verrichten, süddeutsch.

Die innere Betrachtung hat mir das Wort „gärteln“ gerade deshalb nahegebracht, weil es bei uns kein Wort dafür gibt… auch nicht im Plattdeutschen, soweit ich das überblicken kann. Es steht dem Begriff „zärtlich, zärteln“ nahe, so mein Gefühl.  Und es ist eben nicht das abwertende Rümpütschern. Es hat auch mit dem Gärtnerhandwerklichen und mit der professionellen Fähigkeit der Person überhaupt gar nichts zu tun. Es geht dabei mehr um den Umgang mit sich selbst in Beziehung zum Garten. Ich hab mich lieb und den Garten lieb. Ich arbeite voller Lust im Garten und gehe achtsam mit ihm um. Und wenn mir heute nach Rumtüddern und Zupfen hier und dort zumute ist, wird heute nicht mehr passieren. Morgen habe ich wieder die Kraft und Lust mich abzurackern… beides ist gärteln!

Sylvia auf ihrem Thron

Es ist eine Einstellungsfrage

Eigentlich warst Du mit Deinen Schlussgedanken schon auf dem richtigen Weg. Es geht wohl um das Loslassen. Und es geht dabei so weit, dass ich darauf vertrauen kann, dass schon alles Rundlaufen wird. Mein Garten wird nicht untergehen, wenn ich mich nicht dauernd antreibe, dieses oder jenes fertig zu kriegen. Ich bin dabei viel zu sehr auf das Ziel fixiert, nicht auf das Tun im Jetzt.

Ich möchte an dieser Stelle einmal Burkhard Gombault aus meinem  Buch“Gärtnerseelen“ (S. 146 )zitieren: „Es ist mehr eine Meditation, wenn man bewußt etwas im Garten macht, so ganz in Ruhe. Ich nehme eine Handvoll Erde und schaue, was da alles drin lebt. Da bin ich ganz ehrfürchtig.“…und: „Hat man doch immer die Möglichkeit, Dinge gut oder schlecht zu machen. Jedes Gute baut mich auf.“

Französische Impressionen beziehen sich auf das Gartenbild

Sylvias Elefant im Kräuterbeet,

Sylvia hat sich vom Anblick der Gärten in Frankreich inspirieren lassen und hat ein Gartenbild geschaffen, was nicht auf Anhieb auf eine Ordnung schließen läßt. Gemüse, Kräuter und Blumen verweben sich zu einem bunten Teppich. Es ist ein heiteres Bild, was auf lustvolles Arbeiten im Garten schließen läßt. Es ist aber nicht zwangsläufig so. Ich glaube, wenn man sich Stress machen will, kann man es mit jeder Art von Garten tun. Und wenn einem körperliche Arbeit grundsätzlich zu viel ist, dann sollte man sich zurückhalten, sich keinen aufwändigen Garten zulegen.

Ja, liebe Svenja…ich würde mich auch sehr über eine Beteiligung unserer LeserInnen und über alternative Wortschöpfungen freuen!

….. gleich geh ich wieder schwimmen… blub.. blub… blub…….

2 Antworten auf „Französische Impressionen nach Deutschland verpflanzt“

  1. Ja, das war ganz wunderbar, liebe Tine, dass Ihr hier wart! Und so schön, die Bilder vom Wochenende in Deinem Blog wiederzufinden.
    Wie witzig, das mit den „Impressionen“, denn ich war letztes Jahr ja auch in Giverny im Garten von Monet, dem großen Maler des Impressionismus. Die reinste Poesie! Und stand am nächsten Tag dann andächtig in Paris vor seinen wandfüllenden Seerosen-Bildern in der Orangerie.
    Das mit dem „Gärteln“ ist so eine Sache…. Eher Schwäbisch, würde ich denken, nette Mundart, aber irgendwie aus meiner Sicht doch nicht so ganz passend. Zumindest für mich nicht. Die Engländer sagen „Gardening“. Wenn man das mit „Gärtnern“ übersetzt, klingt es ernst und ordentlich und passt nicht zu meinem wild-romantischen und etwas luschigen Garten. Und wenn Menschen im Zusammenhang mit Garten von „Saubermachen“, „Fleißig sein“ oder „arbeiten“ sprechen, rollen sich bei mir sowieso die Fußnägel hoch. Was, bitte schön, hat Saubermachen im Zusammenhang mit Natur zu suchen????
    Ich habe viel über den für mich richtigen Begriff nachgedacht für das, was in meinem Leben so großen Raum einnimmt. Inzwischen denke ich, dass ich hier mit der Natur spiele. Das heißt, ich biete ihr etwas an, indem ich etwas pflanze oder wegnehme. Und dann warte ich oft ab und beobachte, was passiert. Um wieder zu reagieren. Und so geht der Ball dann hin und her….
    Wikipedia bzw. Johann Huizinga sagt zum Thema Spiel:
    „Spiel ist eine freiwillige Handlung oder Beschäftigung, die innerhalb gewisser festgesetzter Grenzen von Zeit und Raum nach freiwillig angenommenen, aber unbedingt bindenden Regeln verrichtet wird, ihr Ziel in sich selber hat und begleitet wird von einem Gefühl der Spannung und Freude und einem Bewusstsein des ‚Andersseins‘ als das ‚gewöhnliche Leben‘.“ – Huizinga: 1938/1991, S. 37
    Also auf jeden Fall freiwillig und mit Freude – auch wenn das manchmal mit körperlichem Einsatz verbunden ist. Ja, in bestimmten Grenzen von Zeit und Raum. Und es gibt natürlich auch Regeln in diesem Spiel zwischen meinem Garten und mir. Manche kenne ich, manche anscheinend nicht. Umso spannender! So sind wir hier also gemeinsam unterwegs, der Garten und ich…
    Heute sah ich an meinen Wicken im Gemüsegarten ein Taubenschwänzchen naschen. Sonst finde ich sie oft an Roter Spornblume und Japanischem Geißblatt, doch beide blühen aufgrund der Trockenheit gerade nicht. Ich weiß nicht, ob Ihr diese wie ein Kolibri schwirrenden Schmetterlinge in Schleswig-Holstein auch habt, denn sie wandern im Sommer aus südlichen Gegenden in Richtung Norden, wenn es so richtig warm ist. Und das ist es ja gerade wirklich!

    1. Oh,Sylvia!
      Wie toll, dass Du das alles in Natura erleben konntest… diese Bilder von Monet kennt ja irgendwie jeder…

      Ja, spielen ist eine gute Bezeichnung für das, was auch ich tue. Ich probiere aus, was so geht… was bei mir geht und was mit den einzelnen Pflanzen so geht.
      Das „Gärteln“ hat natürlich auch dieses verniedlichende Moment in sich, was den Schwaben so leicht über die Lippen geht. Und Du hast recht, da wird die Quelle dieser Wortschöpfung liegen.
      Bin jedenfalls sehr gespannt, ob es noch weitere und richtig neue Wortschöpfungen und Beiträge geben wird…

      Leider habe ich dieses Jahr noch kein Taubenschwänzchen entdecken können… habe schon richtig Ausschau danach gehalten. Denn in so manch warmem Sommer habe ich sie hier auch zu Besuch gehabt.
      Es ist wirklich ein Erlebnis!

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