Giftpflanzen  oder  wie sind wir eigentlich groß geworden ??

Giftpflanzen

Moin Tine,

heute gibt es einen Gastbeitrag von der lieben Christiane Plate über Giftpflanzen, guck mal – ich finde, man sieht Christiane vor sich, beim Lesen!

„Ich gehöre noch zur Generation ohne Termine, die weitgehend draußen groß geworden ist ( Kinder, es ist trocken, raus mit euch!).  Die einzige Mahnung, an die ich mich erinnere, war : geht nicht mit fremden Männern mit!  Sicher aber hatten wir schon als ganz Kleine gelernt, nichts in den Mund zu stecken.   Bestimmt hat die Mutti noch vor diesem und jenem gewarnt (sonst wär’s ja nicht die Mutti), aber ich bin manchmal stundenlang mit den anderen Kindern draußen herumgezogen. Auf Bäume klettern , Strohburgen bauen ( und Riesenärger mit dem Bauern bekommen), mit Sicherheitsnadeln am Graben Stichlinge angeln oder sich vor dem Eber in seinem Koben fürchten (besonders als die Jungs anfingen ihn zu ärgern und er schäumend aufgerichtet an der Kobenpforte stand).  Mit Blüten haben wir „gekocht“ und Beeren haben wir mit der Mutti geerntet und beim Marmeladekochen geholfen. Unvergessen der Moment, wenn die Marmelade aufwallte und der Schaum drohte überzulaufen.  Und erst der Duft!

OK, ich schweife ab. Was ich eigentlich sagen wollte war:

Unsere Eltern haben nicht versucht alle Gefahren aus dem Weg zu räumen, sondern uns beizubringen, wie man damit umgeht.

Heute hingegen begegnet man oft der Frage, ob die Pflanze XY auch nicht giftig ist?!   Und wenn ja oder im Zweifel wird die Ärmste dann lieber vernichtet.

Natürlich sollte man über mögliche „Giftigkeit“ informiert sein!  Dabei stellen sich mir zwei grundsätzliche Fragen:

In welcher Weise und wie stark ist eine Pflanze giftig?  

Ich finde oft, daß mit dem Begriff „giftig“ sehr allumfassend angstmachend hantiert wird. Gemeint sein können sowohl Pflanzen, deren Verzehr tödlich sein kann (z.B. Fingerhut, Eisenhut oder Goldregen) als auch solche, bei denen selbst größere Mengen allenfalls zu Erbrechen führen als auch sogenannte phototoxische Pflanzen. Diese scheiden über die Blätter ätherische Öle aus, die bei Berührung der Blätter in Verbindung mit Sonnenlicht zu schweren „Verbrennungen“ führen , die nur sehr langsam abheilen. Hierzu gehört der heute verschrieene Riesen-Bärenklau (den wir in den 70ziger Jahren in Nachbars Garten noch sehr bewundert haben) als auch Diptam oder Weinraute. Und Weinraute, eine Pflanze die ich in Gärten mit kleinen Kindern unbedingt meiden würde,  wird z.B. in Gartengestaltungsbüchern als Beeteinfassung empfohlen.

Fingerhut
Fingerhut: Blätter und Stängel sind sehr giftig, aber auch die Samen!

Für wen ist eine giftige Pflanze gefährlich, weil attraktiv?   Menschen oder Tiere?

Für Kinder sind primär Beeren attraktiv. Daher sollte man Seidelbast oder Aaronstab erst pflanzen, wenn die Kinder groß genug sind.

Erwachsene sind eher gefährdet,  wenn sie in der Natur Essbares sammeln und sich nicht genau auskennen. Vielfach in den letzten Jahren sind Verwechslungen von Bärlauch und Maiglöckchen durch die Presse gegangen .  Auch Pestwurz und Rhabarber werden gerne verwechselt.  Ich selber habe einmal eine Führung zu „Essbarem am Wegesrand“ mitgemacht. Solange es um Gänseblümchen und Schlangenlauch ging, war es ja noch ganz kurzweilig.  Als jedoch der Leiter selbst Fingerkraut (Potentilla) und Hahnenfuß (Ranunculus) nicht auseinanderhalten konnte, wurde die Sache doch kritisch.  Komisch, vor der Nummer mit Knollenblätterpilz und Wiesenchampignon haben die meisten Respekt, bei krautigen Pflanzen hingegen herrschen Überängstlichkeit auf der einen und sorglose Uninformiertheit auf der anderen Seite.

Maiglöckchen
Maiglöckchen

Bei den Tieren sind natürlich in erster Linie Huftiere gefährdet, die mal eben über den Zaun langen, um ein Maul voll  abzurupfen.  So schön ich Eisenhut in allen seinen frühen und späten Arten finde, würde ich ihn immer so pflanzen, daß er weit genug weg von Reitweg, Rinderkoppel oder Schafweide steht.

Aconitum
Eisenhut ist eine der giftigsten Pflanzen in unseren Gärten

Zum Schluß noch eine Anekdote zum Thema  „was ich nicht weiß, macht mich nicht heiß“:

Viele Jahre wuchsen und fruchteten mitten in Kiel auf einem wilden Parkplatz Tollkirschen.  Schöne schwarze Beeren von fad-süßlichem Geschmack, wunderbar in Greifhöhe für kleine Kinder (tödlich für sie sind bereits 2-5 Beeren).

Ihr seht also:

1. sollte man seine Pappenheimer kennen und 2. allgemeine Vorsorge treffen, indem man nicht einfach Unbekanntes ißt  und Bekanntes wirklich kennt!  Denn  eigentlich sollte es  völlig unmöglich sein z.B. Tollkirschen oder Kermesbeeren mit Brombeeren zu verwechseln.

Wer sich Sorgen macht, sollte vorsichtshalber einschlägige Telefonnummern  immer griffbereit haben. z. B. die des Giftinformationszentrums Nord:   0551- 192 40 (das Örtliche, Kiel)

Zum Abschluss noch zwei Fragen um Nachdenken und Nachschlagen:

Wer von euch baut im Gemüsegarten Kartoffeln an?

Wer von euch hat auf der Terrasse oder im Wintergarten Oleander stehen?

 

Allen, die jetzt auf dumme Gedanken kommen zum Geleit: Pflanzengifte wirken meistens langsam. Wenn ihr also schreiend, mühsam über Tage, in schleichendem Organversagen und mit den schrecklichsten, nicht mehr aufzuhaltenden Symptomen verrecken wollt….“

Goldregen

Goldregen – man kann Kindern beibringen, dass Bohnen nicht auf Bäumen wachsen…

Tine schreibt dazu

Christiane Plate… wie sie leibt und lebt…na klar höre ich sie reden, liebe Svenja.

Und ich bin mit ihr einer Meinung: man muss den Kindern zeigen können und beibringen, was giftig ist und was nicht. und das geht an besten im eigenen Garten. Es ist doch so wichtig, dass sie es beigebracht bekommen: Schwarze Johannisbeeren sind lecker… aber gleich daneben, die Ligusterbeeren in der Hecke, die sind giftig! Voraussetzung ist natürlich, dass man es selber weiß. Da hapert es auch gewaltig. Kein Wunder, wenn man in der Stadt aufgewachsen ist… und plötzlich geht es wieder in ein Haus mit eigenem Garten.

Die Natur macht ja in letzter Zeit Radau, macht deutlicher auf sich aufmerksam: Leute, schlaft auf eurem Wohlstand nicht ein! Hört auf, solchen Mist zu bauen! Seid achtsam! Das Wissen um die Dinge geht so schnell verloren…

Tödliche Verwechslung

Ich hatte ein Erlebnis mit Giftpflanzen – da läuft es mir jetzt noch kalt den Rücken runter, wenn ich daran denke. Und zwar hatte ich letztes Jahr reichlich Gemüse – Sämlingspflanzen vorgezogen… viel zu viele für uns. Also verschenkte ich welche. Verschiedene Salate und diverse Tomaten gingen an Jörg und seine Mitarbeiter, die sich gerade neue Hochbeete gebaut und Lust auf eigenes Gemüse hatten. Fand ich super!

Etwa 14 Tage später verpflanze ich zuhause noch letzte Salatpflänzchen aus dem Anzuchtkasten und bin plötzlich irritiert: das ist doch keine Salatpflanze, was ich da gerade eingepflanzt habe! Die Blattnerven sind zu ausgeprägt und leicht behaart… etwas zu parallel angelegt sind sie auch…das Blatt scheint auch zu fest zu sein, wenngleich noch sehr jung. Wer bist du?

Plötzlich durchläuft es mich heiß: Digitalis! Digitalis ferrugiana. Vor einigen Jahren hatte ich in England diese elegante Fingerhutart bewundert und hatte dann daraufhin bei euch welche bestellt, Svenja. Entsinnst Du Dich? Sie haben geblüht und Samen angesetzt, von denen ich welche im Garten verstreut habe und die vermeintlich leeren Samenstände auf den Komposthaufen getan.

Und eben von diesem Komposthaufen habe ich im Frühling meine Aussaaterde für die Salatpflanzen genommen. Der Kompost ist bei mir ein Haufen und kein Behälter ( Thomas baut mir gerade einen… juchz !) und da geht schon mal was nebenbei ab… und ganz so heiß, wie er sollte, läuft er auch nicht ab… also irgendwelche Versamungen habe ich durchaus da drin.

Da ist ja auch kein Problem, denn ich kenne mich ja aus. Nun hatte ich aber zufällig Jungpflanzen verschenkt! An diverse Leute, an blutige Gemüse – Anfänger. Ach du … kriegst die Tür nicht zu! Wie elektrisiert ging ich zu Telefon… realisierte im nächsten Moment, dass es nur Sinn machen würde, wenn ich mir die Pflanzen selbst anschaute. Dennoch rief ich Jörg an: …bist Du zuhause? … bis gleich!

Eine halbe Stunde später stand ich an seinem Hochbeet und durfte die Spreu vom Weizen trennen. Ja, es waren tatsächlich Fingerhüte dabei gewesen. Und Jörg und seine Familie hätten sie nicht erkannt. Sie hatten mir vertraut: Wie gut, dass die Ernte sich noch nicht gelohnt hatte, sie waren noch zu klein gewesen.Und seine Mitarbeiter hatten nur Tomaten genommen, zum Glück!

So ist Digitalis ferrugiana in meinem Garten zu einem ganz besonderen Gast geworden. Hier habe ich noch ein Bild aus England, wo ich ihn bewundert hatte. Ich glaube es war in Barnsley House gewesen

Digitalis ferrugiana
Digitalis ferrugiana … eine sehr giftige Pflanze für Mensch und Tier. Für einen Hund genügen 5 g… 100 bis 200g für ein Pferd. 

Uff….  !!!